Die Urlaubslieblinge des Monats Juli.
Susanne Martin empfiehlt:
Susanne Martin war über 42 Jahre im Buchhandel tätig, davon 22 Jahre als Inhaberin der Schiller Buchhandlung in Stuttgart.
Im Moment arbeitet sie im Stuttgarter Schriftstellerhaus für die Aktion "Stuttgart liest ein Buch" und bloggt über ihre Leseerlebnisse auf www.schiller-buch.de.
Moskau
1922
Die Bolschewiken sind noch immer damit beschäftigt, die alten
gesellschaftlichen Strukturen zu zerstören und den Adel in seine Schranken zu
weisen. Vor dem Notstandskomitee muss sich Graf Alexander Rostov verantworten,
der seit einigen Jahre in einer Suite des Hotel Metropol residiert und dort
seine Zeit mit „Dinieren und Debattieren, Lesen und Reflektieren“ verbringt.
Ein in vorrevolutionärer Zeit geschriebenes Gedicht, das als Aufruf zum Handeln
im Sinne der Revolution interpretiert wurde, rettet ihn vor der Todesstrafe: Er
wird zu lebenslangem Aufenthalt im Hotel Metropol verurteilt, das er (bei
Androhung des Todes) zeitlebens nicht mehr verlassen darf.
Wir begleiten nun Graf Rostov für die nächsten 32 Jahre, lernen
das Leben im Hotel kennen und treffen mit ihm die unterschiedlichsten
Persönlichkeiten, die im Hotel zu Gast sind oder arbeiten. Natürlich muss er
seine Suite räumen und bekommt eine kleine Dachkammer zugewiesen und er muss
arbeiten: Durch seine feinen Manieren ist er wie geboren, dem Hotel als
Oberkellner zu dienen.
Aber Alexander ist ein Mensch, der aus dieser Situation das Beste
macht und immer versucht, etwas sinnvolles zu tun. Während sich draußen die
Welt verändert, Russland langsam zur Diktatur wird und der nächste Weltkrieg
ausbricht, erlebt er das alles nur im Mikrokosmos des Hotels.
Als eines Tages eine alte Freundin ihre Tochter zu ihm bringt,
bevor sie ihrem Mann in die sibirische Verbannung folgt, gibt dies Alexanders
Leben einen ganz neuen Sinn. Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem er sich
entscheiden muss, ob er im Hotel bleiben oder seiner Ziehtochter folgen will.
Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist wie seine
Hauptfigur: Geistreich, intelligent und elegant. Immer wieder blitzt auch eine
Portion britischer Humor durch. Dabei ist es kein Roman, den man nebenher lesen
kann, sondern mal muss sich mit Zeit und Muße auf ihn einlassen. Die
zeitgeschichtlichen Ereignisse werden immer durch Alexander Rostovs Augen
geschildert, der ein Kind seiner Zeit ist, sich aber auch gerade durch seine
besondere Situation seine ethischen Werte erhält, die zeitlos sind. Ein
wunderbarer literarischer Genuss!
Amor Towles: „Ein Gentleman in Moskau“, Ullstein
Verlag, ISBN 978-3-548-29072-0, € 12,00, eBook € 9,99
Vielschichtig
Die frühere Journalistin Susanne Ludwig hat mit Alexander
Konrad einen Häusertausch vereinbart: Sie wird einige Tage in der Datsche
seines Stiefvaters Hans in der Nähe von Neubrandenburg verbringen, er wiederum
kann dann seinen Urlaub im Sommerhaus ihrer Eltern machen. Doch als sie die
Datsche erreicht findet sie darin die grausam entstellte Leiche von Hans
Konrad: Offenbar hat er versucht, sich umzubringen, aber bevor er starb, hat
ein Mörder das Werk beendet. Neben Konrad liegen ein Soldatenkäppi der NVA und
seine herausgeschnittene Zunge. Susanne erleidet einen psychischen Zusammenbruch,
denn der Fund lässt ein traumatisches Erlebnis aus ihrer Kindheit wieder
auferstehen.
Kommissar Michael Herzberg wird mit den Ermittlungen
beauftragt. Zunächst tappen er und seine Kollegen völlig im Dunklen: Alexander
Konrad, der seinen Stiefvater gehasst hat, gerät ins Visier der Ermittler, eine
Spur führt zu dunklen Waffengeschäften in der Wendezeit und auch in der
Vergangenheit von Hans Konrad, dem ehemaligen Militärkader und gefürchteten
Kommandanten einer Kaserne bei Neubrandenburg könnte ein Motiv zu finden sein.
Michael Herzberg tut sich schwer mit den Ermittlungen, denn er wird immer mehr
mit seiner eigenen Vergangenheit in der ehemaligen DDR konfrontiert. Auch ein
Kollege verhält sich äußerst merkwürdig. Als dann noch Susanne Ludwig nach
ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus beginnt, in dem Fall herumzuschnüffeln,
ist Herzberg davon überhaupt nicht begeistert……..
Claudia Rikl war Abiturientin, als die DDR zusammenbrach,
die Wendezeit hat sie geprägt. Das merkt man ihrem Debütkrimi an. Es gelingt
ihr, die Zeit der Diktatur heraufzubeschwören: Den Druck, der auf nicht
systemkonforme Menschen ausgeübt wurde, die grausamen Rituale, die es in vielen
Kasernen der Nationalen Volksarmee gab und gegen die die Leitung nichts
unternahm. Aber auch die Goldgräberzeit in den Monaten nach der Maueröffnung
bis zur Vereinigung der beiden Deutschlands ist ein spannendes, gut
rercherchiertes Thema. Auch wenn der Krimi die eine oder andere Länge hat, habe
ich das gerne in Kauf genommen, denn ich wurde mit einem vielschichtigen
Leseerlebnis belohnt.
Fazit: In diesem Kriminalroman wurde mir das geboten, was ich
schätze: Ein gut konstruierter Plot, Handlungspersonal, das psychologisch gut
gezeichnet ist und dessen Zusammenspiel über die Kimihandlung hinaus Spannung
erzeugt. Und darüber hinaus eine hochinteressante zeitgeschichtliche Thematik.
Leseempfehlung!
Claudia Rikl: „Am Ende des Schweigens“, Rowohlt Verlag, ISBN
978-3499-29068-8, € 10,00, eBook € 12,99
Der Lehrling des Architekten
Im Mittelpunkt dieses packenden historischen Romans steht der Baumeister Sinan, der im 16.
Jahrhundert in der Türkei über 400 Bauwerke errichtete, von denen 204 noch in
der originalen Bausubstanz erhalten sind, weitere wurden renoviert. Er wird
auch als „Michelangelo“ der Osmanen bezeichnet und kam als spätes Opfer einer sogenannten
„Knabenlese“ nach Konstantinopel,
wie Istanbul damals noch hieß.
Vielleicht hat der Kein und Aber Verlag deshalb auch den Titel „Der
Architekt des Sultans“ gewählt. Im Englischen lautet der Titel nämlich The
Architects Apprentice (also Der Lehrling des Architekten).
Denn Sinan steht zwar im Mittelpunkt des Romans, aber die Hauptperson ist
Jahan, der als Junge aus Hindustan nach Istanbul kommt, um den Sultan ein
wertvolles Geschenk des Shahs für seine Menagerie zu übergeben: einen weißen
Elefanten. Aus Jahan wird ein Schüler Sinans, zusammen mit drei weiteren
Schülern ist er beteiligt an den großartigen Moscheebauten für die Sultane und
ihre Wesire.
Das Leben im Palast ist jedoch gefährlich und voller Intrigen. So darf auch
niemand wissen, dass Jahan und sein Elefant immer wieder von Süleymans schöner
Tochter, Prinzessin Mihrimah besucht wird, die nicht nur von dem Tier, sondern
auch von Jahans Geschichten fasziniert ist. Jahan liebt Mihrimah aus ganzem
Herzen - eine Liebe, von der niemand wissen darf und die sich nie erfüllen wird
…
Der Roman wird gänzlich aus Jahans Perspektive erzählt. Elif Shafak nimmt uns mit in die
Blütezeit des osmanischen Reiches, in den Palast der Sultane, die ein grausames
Regiment führten, um ihre Macht zu erhalten. Wie Jahan wissen wir nie genau,
wer hier gegen wen intrigiert oder wer wen wirklich unterstützt. So wie Sinan
immer älter wird und unbeirrt ein Bauwerk nach dem anderen plant und baut,
beginnt langsam auch der Niedergang des osmanischen Reiches. Und irgendwann
muss Jahan sich entscheiden, ob er in Istanbul bleiben will oder ob eine letzte
große Intrige ihn zwingt, Istanbul zu verlassen.
Elif Shafak findet für ihre Geschichte eine sehr schöne, bildreiche und
poetische Sprache. Das Buch liest sich leicht und trotz der zahlreichen
Personen konnte ich gut den Überblick behalten.
Fazit: Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen.
Spannend und lebendig erzählt lässt es eine Zeit wiederaufleben, die die Türkei
geprägt hat. Und wer schon in Istanbul gewesen wird, wird vielen Gebäuden
wieder begegnen, die man dort ansehen kann und an deren Entstehung uns Elif
Shafak teilnehmen lässt. Toller, spannender Lesestoff für alle LiebhaberInnen
historischer Romane!
Elif Shafak: „Der Architekt des Sultans“, Verlag Kein & Aber,
ISBN 978-3-03-695946-7, € 15,00, eBook € 14,99
Ralf Schwob empfiehlt:
Tödliche Abgründe
hinter bürgerlicher Fassade
Als ihre Mutter an einer schweren neurologischen Störung
erkrankt und mit 45 in ein Pflegeheim
muss, zieht die 15-jährige zu ihrem Vater Noel, der mit seiner neuen
Familie im Lake District lebt. Stiefmutter Karen und Verity hassen sich vom
ersten Moment an. Bronté, das gemeinsame Kind von Noel und Karen, wird von
Karen zu einem Leistungsroboter erzogen, das Leben der Zehnjährigen ist mit
Fördermaßnahmen und zusätzlichem Unterricht durchgeplant. Als eines Nachmittags
der Klavierunterricht kurzfristig vom Lehrer abgesagt wird, beschließt Verity
ihrer kleinen Halbschwester eine Atempause zu verschaffen und geht mit ihr auf
den Spielplatz in den Park. Dort lässt sie Bronté für eine Viertelstunde
allein, um ihre leibliche Mutter im nahegelegenen Pflegeheim zu besuchen. Als
Verity auf den Spielplatz zurückkehrt, ist Bronté verschwunden …
Karen ist außer sich, die Polizei beginnt zu ermitteln.
Für den Vater Noel eine äußerst peinliche Angelegenheit, denn in der ermittelnden
Beamtin Joe Aspinall erkennt er die Frau wieder, mit der er vor kurzem eine
anonyme leidenschaftliche Affäre hatte. Immer mehr Ungereimtheiten tauchen im
Zusammenhang mit Brontés Verschwinden auf und schließlich gerät Ewan, Karens
ungeliebter Sohn aus erster Ehe, in den Verdacht, Bronté entführt zu haben
…
Temporeich und spannend bis zum Schluss überrascht Paula
Daly die Leser in diesem Thriller immer wieder mit unvorhersehbaren Wendungen.
Paula Daly:
„Stiefmutter“, Goldmann Verlag, ISBN 978-3-442-48702-8, € 10,00, ebook € 8,99
Die Wendejahre in
Ostberlin mal anders
Thomas Brussig erzählt die unglaubliche Geschichte der
Ostberliner Punkrockband „Die Seuche“. Um überhaupt spielen zu dürfen, müssen
die Musiker um Manager „Äppstiehn“ als Tanzmusik-Gruppe auf Geburtstagen,
Jubiläen und bei Jugendweihen spielen, bis sich endlich der erste richtige
Auftritt in einem der wenigen Ostberliner Szene-Clubs auftut. Dieser Gig soll
den absoluten Durchbruch bringen, dumm nur, dass am Vorabend des großen Auftritts
die Berliner Mauer fällt und der ganze Osten in den Westen rennt …
Thomas Brussigs großes Thema sind immer wieder die
Wendejahre aus Sicht der ehemaligen DDR-Bürger. Dabei sind seine Bücher aber
keine bitteren Abrechnungen mit Ost und West, sondern mit viel Humor und
listigem Witz geschriebene Romane, die mit großer Empathie auf die
unterschiedlichen Lebensläufe der Menschen im Osten blicken. Sei es beim
Autokauf in Prag, wo DDR-Flüchtlinge für ein Almosen ihre Trabis verhökern,
oder beim Besorgen von Devisen über arrogante Westkontakte, immer spürt man bei
Brussig das Komische im Tragischen und das Tragische im Komischen. Nebenbei
erfährt man viel über das Alltagsleben in der DDR, über kleine und große
Sehnsüchte und über die merkwürdige Zeit, in der sich alles änderte und
gleichzeitig noch alles irgendwie in der Schwebe hing zwischen Ost- und
Westdeutschland.
Thomas Brussig: „Beste
Absichten“, S. Fischer Verlag, ISBN 978-3-596-29738-2, € 10,0, ebook € 8,99.
Schräg, schräger, Sträter …
Der Poetry
Slammer und Solokünstler Torsten Sträter präsentiert in seinem Band „Der David
ist dem Goliath sein Tod“ kurze und mittellange Texte, in denen er pointiert
Abseitiges aus dem Alltag aufs Korn nimmt. Gern reist er dabei auch in die
Vergangenheit und beschreibt, was man als Jugendlicher in der 80er Jahren mit
seinen Freunden so unternahm traf oder wie es sich anfühlte, das erste Mal mit
der Freundin allein zu sein. Ansonsten erfährt der Leser unter anderem, wer bei
den Hells Angels mitmachen darf und wer nicht und warum man manchmal nach dem
Urlaub erstmal Erholung braucht. Meist beginnen Sträters Texte harmlos,
verstricken den Leser dann aber unaufhörlich in ihre eigene verquere Logik.
Mit dem
Satz: „Ich bin nun vierundvierzig, war aber früher jünger“ beginnt Sträter
seine Geschichte „Nusspli für Sinatra“. Er schreibt darin über Nutella, Frank
Sinatra und seine persönliche To-do-Liste des Lebens. Was da so alles
draufsteht und wie er versucht, diese Punkt für Punkt abzuarbeiten, kann man
nicht beschreiben, man muss es einfach selbst lesen.
Torsten Sträter: „Der David ist dem Goliath
sein Tod“, Ullstein Verlag, ISBN 978-3-548-37535-9, € 11,00, ebook € 8,99
Lucia Bornhofen empfiehlt:
Der richtige Platz in der Welt
Cluny Brown ist am besten durch ihr Tun zu beschreiben. Zum Beispiel hat sie sich am helllichten Nachmittag im Ritz eine Tasse Tee gegönnt, nur um einmal im Ritz zu sitzen – ganz sicher wäre ihr Onkel nicht so weit über den Stand mit ihr ausgegangen. Sie hingegen versteht gar nicht, dass das über den eigenen Stand ist. Und, zum weiteren Beispiel, an diesem Tag ist Cluny nicht mit ihrem Onkel unterwegs, wie sonst an jedem Sonntag. Da sie in einer Zeitung gelesen hat, dass es gut für Körper und Seele sein soll, wenn man einen ganzen Tag nur im Bett verbringt und dabei Orangen isst., ist Cluny diesem Sonntag nun im Bett. Zumindest so lange das Telefon nicht klingelt. Fürs Telefon ist sie nämlich zuständig, wenn ihr Onkel nicht im Hause ist. Diesmal ist es ein verzweifelter Herr, der dringend einen Klempner benötigt und da der gerade nicht da ist, geht Cluny selbst und gerät dabei fast in ein amouröses Abenteuer …
Auch wenn ihr Onkel sie gerade rechtzeitig rettet – er streckt die Segel und gibt Cluny in Stellung. Was sie als Hausmädchen auf dem Land so alles erlebt, dass ist auf rund 300 Seiten beschrieben, es ist köstlich, ziemlich ironisch und oft hintergründig, die englische Gesellschaft der 1930er Jahre wird liebevoll aufs Korn genommen. Dabei gelingt es der Autorin Margery Sharp durchaus kritische Töne einzubauen. Ich bin sehr froh über die Neuübersetzung durch Wibke Kuhn und auch darüber, dass der Indie-Verlag von Julia Eisele uns Lesern dieses Buch wieder zugängig gemacht hat.
Margery Sharp: „Die Abenteuer der Cluny Brown“, Eisele Verlag, ISBN 978-3-961610-58-7, € 11,00, eBook € 9,99
Begegnungen …
In den 1880er Jahren lebten Charles Darwin und Karl Marx rund 22 km voneinander entfernt in der Nähe von London. Sie hatten voneinander gehört, kannten sich aber nicht persönlich, auch wenn Marx ein großer Bewunderer von Darwin war, er nannte Darwins Evolutionstheorie die „naturwissenschaftliche Grundlage“ seiner Theorie.
Und so beginnt das Buch auch mit einem (erfundenen) Alptraum, den Darwin immer wieder hatte: Orthodoxe, radikale Christen stürmen sein Anwesen und vernichten alles, was er in jahrzehntelanger Arbeit zusammengetragen hat. Darwins Lehre steht den Bibeltexten ziemlich deutlich entgegen und immer wieder wurde er von Kirchleuten dafür angegriffen. Dabei war Darwin ein Mann der Wissenschaft, und er sah die Diskrepanz zwischen Evolutionslehre und Religion gerade weil er ursprünglich Theologie studiert hatte, sehr deutlich. Aus diesem Zwiespalt, der dann auch einer zwischen Darwin und Marx ist, speist sich die Spannung des Buches.
Die Autorin Ilona Jerger erfindet eine Begegnung der beiden und sie nutzt einen weiteren Kniff, um uns Lesern die beiden Herren möglichst nahe zu bringen: Sie stellt ihnen den gleichen Hausarzt zur Seite. Und so kommen wir Charles Darwin, seiner Familie und deren Lebensumständen sehr nahe, und auch Karl Marx wird greifbar. Jerger schreibt klug und sehr informativ, sie hat umfangreich recherchiert (die beiden führten zum Glück Tagebücher und waren begeisterte Briefeschreiber) und trotzdem ist das Buch entspannt zu lesen und an manchen Stellen auch witzig.
Ein Buch für alle, die sich gut unterhalten wollen, dabei aber auch gerne Biografisches und Sachwissen lesen. Klare Empfehlung für den Urlaubskoffer!
Ilona Jerger: „Und Marx stand still in Darwins Garten“, Ullstein Verlag, ISBN 978-3-548-29061-4, € 11,00, eBook € 8,99
Was ich nie wissen wollte …
Dinosaurier haben mich nie groß interessiert. Nicht, als meine Kinder klein waren und die Namen aller Saurier auswendig kannten. Auch nicht, als ich Tracy Chevaliers großartigen Roman „Zwei bemerkenswerte Frauen“ gelesen habe (sogar die zweite und dritte Lektüre dieses Buches führt zu keiner Dino-Liebe). Jetzt ist das anders, und das liegt an „Ausgestorben, um zu bleiben“ von Bernhard Kegel.
Sein Sachbuch beginnt mit besagtem Roman von Chevalier und damit mit Mary Anning. Mit der Mary Anning, die Mitte des 20. Jahrhunderts postum in die berühmte Royal Society als eine der zehn britischen Frauen mit dem größten Einfluss auf die Geschichte der Wissenschaft aufgenommen wurde. Mary Anning, Tochter eines Schreiners, lebend in sehr ärmlichen Verhältnissen, suchte und fand Zeit ihres Lebens Spuren früheren Lebens. Sie gilt als eine der Begründerinnen der Dinosaurierforschung.
Wobei: Dinosaurier. Das ist ein Wort in unserem Sprachgebrauch, dass völlig irreführend ist, denn das was wir gemeinhin als „Dinosaurier“, also „schreckliche, gewaltige Echse“ bezeichnen hat reichlich wenig mit Reptilien zu tun. Dafür aber reichlich viel mit … Vögeln.
Wie die Dinosaurier genau klassifiziert werden, welche Fortschritte die Forschung auch in den letzten Jahren gemacht hat – das können Sie in diesem Buch nachlesen. Es enthält eine Fülle an Details, wirklich gut lesbarer Details, die hochinteressant sind und die auch aufs Leben hier und heute „durchschlagen“. Ich fand „Ausgestorben um zu bleiben“ eine ausgesprochen lohnende Lektüre, gerade dann, wenn man mal keinen Roman lesen möchte aber trotzdem Amüsantes lesen.
Bernhard Kegel: „Ausgestorben, um zu bleiben“, Dumont Verlag, ISBN 978-3-8321-6495-9, € 12,00, eBook € 8,99